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Schlaf als Symptom - Warum Schlaf so wichtig ist und wie Neurofeedback bei Schlafproblemen helfen kann.

17. März 2023

Wir alle wissen, wie wichtig Schlaf ist, vor allem dann, wenn wir Probleme damit haben: Schwierigkeiten beim Einschlafen, nicht Durchschlafen können, ständiges Aufwachen und schlechtes Wiedereinschlafen - Schlafstörungen sind vielseitig, ihre Ursachen auch. In diesem Blogbeitrag wollen wir erklären, warum Schlaf so wichtig ist, was Folgen von schlechtem Schlaf sein können und wie Neurofeedback bei Schlafproblemen helfen kann.

 
Wer viel schläft, schläft auch gut, oder?


Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Das Schlafbedürfnis unterscheidet sich je nach Alter und Geschlecht. Frauen brauchen allgemein mehr Schlaf als Männer und Kinder mehr als Erwachsene. Aber auch andere Faktoren wie Jahreszeit, Gewohnheit, Gesundheit oder Lebensumstände beeinflussen unser Schlafbedürfnis (Hirshkowitz et al., 2015). In Mitteleuropa liegt die durchschnittliche Schlafdauer bei sieben Stunden pro Tag, wobei sie zwischen fünf bis neun Stunden variiert. Die Schlafdauer sagt dabei nicht unbedingt etwas über die Schlafqualität und das Gefühl des Erholt Seins aus (Crönlein et al., 2017). Ob wir uns erholt fühlen und fit durch den Tag kommen, hängt dabei vor allem von unserem subjektiven Empfinden ab.

 
Welche Schlaftypen gibt es?  


Die Wissenschaft unterscheidet drei Chronotypen: Abend-, Morgen- und Normaltyp. Sie unterscheiden sich hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Leistungshochs, der Wachheit und der Schlafpräferenz (Crönlein et al., 2017). Während der Morgentyp, wie das Wort schon vermuten lässt, in den Morgenstunden besonders leistungsfähig ist und Schwierigkeiten hat abends lange wach zu bleiben, kann der Abendtyp besonders zu späterer Stunde hohe Leistungen erbringen und empfindet die Morgenstunden als quälend. Diese beiden Extremtypen sind jedoch eher selten (Crönlein et al., 2017). Am häufigsten findet man den Normaltyp in der Gesellschaft. Diese Menschen werden weder besonders früh noch spät wach, sind also ein Mischtyp aus der “Lerche” (Morgentyp) und “Eule” (Abendtyp).

 

Woher wissen wir, wann wir schlafen müssen?


Klar, wenn wir müde sind, aber warum werden wir müde? Ganz gleich welcher Schlaftyp wir sind, unsere Müdigkeit und der Drang zu schlafen wird durch zwei Faktoren hervorgerufen: dem circadianen Rhythmus und dem Hormon Adenosin. Der circadiane Rhythmus ist sozusagen die “innere Uhr”, dem unser Organismus und all unsere Zellen folgen. Er dauert ca. 24 Stunden (daher auch die Bezeichnung circadian, die sich aus dem Lateinischen circa, ungefähr so wie dies also Tag ableitet). Dieser circadiane Rhythmus beeinflusst unter anderem Hormonausschüttung und Stoffwechselprozesse, so auch den Schlaf-Wach-Rhythmus. Er signalisiert dem Körper, durch die Ausschüttung des Hormons Melatonin, schlafen zu müssen. Doch nicht allein Melatonin macht uns müde. Unsere Zellen arbeiten den ganzen Tag auf Hochtouren und brauchen Energie. Dabei entsteht Adenosin. Je länger der Tag dauert, desto mehr Adenosin sammelt sich im Körper. Und je mehr Adenosin im Körper ist, desto höher wird der Schlafdruck und wir werden müde. Während des Schlafens wird das Adenosin dann wieder abgebaut, der Schlafdruck sinkt über die Nacht. Wenn wir aufwachen, beginnt der Prozess wieder von vorne (Birbaumer & Schmidt, 2010).

 

Was passiert bei fehlendem Schlaf - Schlaf als Symptom


Man kann verschiedene Arten von Schlafstörungen unterscheiden: Insomnien, Hypersomnien, Parasomnien, Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen oder motorische Störungen wie das Restless-Leg-Syndrom (Spiegelhalder, Backhaus & Riemann, 2011). Zwischen 2010 und 2017 ist die Zahl der Schlafstörungen bei Berufstätigen um 66% gestiegen, etwa jede zehnte Person leidet an insomnischen Beschwerden (DAK, 2017). Dazu gehören Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen und nicht erholsamer Schlaf.
Wer kennt es nicht: man hat Stress auf der Arbeit, schläft nicht gut und ist am nächsten Tag auf der Arbeit nicht leistungsfähig - ein Teufelskreis. Dass das unserem Organismus nicht gut tun kann, scheint logisch, aber was genau sind denn die Folgen von Schlafstörungen? Schlafen wir nicht gut, kann das zu einer erhöhten Einschlafgefahr, fehlender Energie und Motivation, Anspannung, Kopfschmerzen, Verstimmungen und Konzentrationsstörungen führen (DAK, 2017). Und auch psychische Störungen können sich in Folge von Schlafmangel verschlechtern (Crönlein et al., 2017). Schlafqualität und auch eine genaue Erhebung von Schlafproblemen sind daher ein wichtiger Bestandteil der Befunderhebung vor der Neurofeedback-Therapie.

schlafen
Schlaf als Symptom - Wie Neurofeedback helfen kann 


Neurofeedback kann generell bei verschiedenen Schlafproblemen eingesetzt werden, denn Schlafprobleme treten oft als Symptom anderer Krankheiten auf. Schlaf ist dabei gerade zu Beginn der Neurofeedback-Therapie ein wichtiger Indikator, um geeignete Anfangspositionen für das ILF Neurofeedback festzulegen. So macht es einen Unterschied, ob Patient:innen eher Schwierigkeiten beim Einschlafen haben oder eher Probleme mit dem Durchschlafen, also eine bessere Regulierung der Schlafphasen benötigen. Auch eine Kombination aus beiden kann vorliegen und beeinflusst, mit welchen Elektrodenpositionen man beim ILF Neurofeedback startet. 

Darüber hinaus sind Schlafstörungen ein gut beschreibbares Symptom, das bei vielen Betroffenen einen hohen Leidensdruck auslöst, da die Auswirkungen im Alltag spürbar sind. Schlaf ist daher meist auch ein Symptom, bei dem erste Behandlungserfolge mit ILF Neurofeedback schnell sichtbar werden können. “Endlich mal wieder” Ein- oder Durchschlafen zu können, bringt für viele Patient:innen eine deutliche Verbesserung in den Alltag.

Auch Studien untermauern die positiven Effekte des Neurofeedbacks auf Schlafstörungen. So berichteten Proband:innen von einer subjektiven Verbesserung ihrer Schlafqualität und besseren Leistungsfähigkeit am Tag (Hammer et al, 2011; Schabus et al., 2013). Neurofeedback kann zudem die Schlaf-Latenzen, also die Zeit, die man vom Hinlegen bis zum tatsächlichen Einschlafen benötigt,  minimieren (Wu et al., 2021). Eine weitere Studie zeigt, dass Schlafprobleme bei Burnout Patient:innen verbessert werden konnten (Kratzke et al., 2020). 

Gerade auch ADHS Patient:innen berichten immer wieder von Schlafproblemen. Eine Verbesserung dieser Probleme konnte durch SMR Neurofeedback Training festgestellt werden (Arns, Feddema & Kenemans, 2014). Eine Erklärung dafür wird in einem Übersichtsartikel von Arns & Kenemans (2014) gegeben, in dem die Auswirkungen von Neurofeedback auf die sogenannte Schlafspindelschaltung diskutiert werden. Eine erhöhte Schlafspindeldichte führt zu einer Normalisierung der Schlaflosigkeit, was wiederum die ADHS-Symptome reduziert. “In einer […] randomisierten, kontrollierten Studie wurden 27 gesunde Erwachsene mit SMR-Konditionierung trainiert, um den Schlaf und das deklarative Lernen zu verbessern. Nach 10 Sitzungen konnten positive Veränderungen bei Schlafparametern wie Schlafspindeln und Einschlaflatenz beobachtet werden” (Übersetzung der Autorin, Hoedlmoser et al., 2008).

Auch bei einer Patientin, die mit ILF Neurofeedback im Virtual Reality Setting behandelt wurde, konnten die Schlafprobleme verbessert werden. Diese Verbesserungen hielten auch nach einem einjährigen Follow-up an. (Orakpo et al., 2021). Bei einem anderen Fallbeispiel konnte durch die Behandlung mit dem ILF Neurofeedback im Virtual Reality Setting die schmerzbedingte Schlaflosigkeit eines Patienten verbessert werden. Auch hier wurde die nachhaltige Verbesserung nach einem Jahr bestätigt (Orakpo et al., 2022).

Neurofeedback kann, basierend auf aktueller Forschung und auf Basis von klinischen Erfahrungswerten, ein sinnvoller Therapiebaustein in der Behandlung von Schlaflosigkeit oder Symptomen von gestörtem Schlaf sein. Gemeinsam mit anderen Forscher:innen arbeiten wir derzeit an der Unterstützung weiterer Neurofeedback-Studien. 

Für ausführliche Informationen zu Neurofeedback sowie zu wissenschaftlichen Arbeiten wenden Sie sich gerne an uns. 

 

 

 

 

 

Quellen:
Arns, M., Feddema, I. & Kenemans, J. L. (2014) Differential effects of theta/beta and SMR neurofeedback in ADHD on sleep onset latency. Front. Hum. Neurosci. 8, 1–10.


Birbaumer, N., Schmidt, R. (2010) Wach-Schlaf-Rhythmus und Aufmerksamkeit, in: Schmidt, R. F.,Lang, F.,Heckmann, M. (Hrsg.), Physiologie des Menschen, 31., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Heidelberg, Springer Medizin-Verlag, 181–200.


Crönlein T, Galetke W, Young P. (2017) Schlaf und Schlafmedizin – Grundlagen. In: Crönlein T, Galetke W, Young P, Hrsg. Schlafmedizin 1×1. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin, Heidelberg.


Hammer, B. U., Colbert, A. P., Brown, K. A. & Ilioi, E. C. (2011). Neurofeedback for insomnia: A pilot study of Z-score SMR and individualized protocols. Appl. Psychophysiol. Biofeedback 36, 251–264.


Hirshkowitz, M., Whiton, K., Albert, S. M., Alessi, C., Bruni, O., DonCarlos, L., Hazen, N., Herman, J.,


Katz, E. S., Kheirandish-Gozal, L., Neubauer, D. N., O'Donnell, A. E., Ohayon, M., Peever, J., Rawding, R., Sachdeva, R. C., Setters, B., Vitiello, M. V., Ware, J. C., Adams Hillard, P. J. (2015) National Sleep Foundation's sleep time duration recommendations: methodology and results summary. Sleep health 1, 1, 40–43.


Hoedlmoser, K., Pecherstorfer, T., Gruber,G., Anderer, P., Doppelmayr, M., Klimesch, W., Schabus, M. (2008) Instrumental Conditioning of Human Sensorimotor Rhythm (12-15 Hz) and Its Impact on Sleep as Well as Declarative Learning. SLEEP 31, 1401–1408.


Kratzke, I. M., Campbell, A., Yefimov, M. N., Mosaly, P. R., Adapa, K., Meltzer-Brody, S., Farrell, T. M., Mazur, L. M. (2020) Pilot Study Using Neurofeedback as a Tool to Reduce Surgical Resident Burnout. Journal of the American College of Surgeons 232, 74-80.


Marschall, J., Hildebrandt, S., Sydow, H., Nolting, H.-D. (2017) Gesundheitsreport 2017. Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten. Update: Schlafstörungen, 1. Auflage, Heidelberg, Neckar, medhochzwei Verlag.


Orakpo, N., Vieux, U. & Castro-nuñez, C. (2021) Case Report : Virtual Reality Neurofeedback Therapy as a Novel Modality for Sustained Analgesia in Centralized Pain Syndromes. Front. Hum. Neurosci 12, 3–7.


Orakpo, N., Yuan, C., Olukitibi, O., Burdette, J., Arrington, K. (2022) Does Virtual Reality Feedback at Infra-Low Frequency Improve Centralized Pain With Comorbid Insomnia While Mitigating Risks for Sedative Use Disorder?: A Case Report. Front. Hum. Neurosci 16, 1-5.


Schabus, M., Heib, D. P. J., Lechinger, J., Griessenberger, H., Klimesch, W., Pawlizki, A., Kunz, A. B., Sterma, B. M., Hoedlmoser, K. (2013) Enhancing sleep quality and memory in insomnia using instrumental sensorimotor rhythm conditioning. Biol. Psychol. 95, 126–134.


Spiegelhalder, K., Backhaus, J. & Riemann, D. (2011) Schlafstörungen (2. Aufl.). Hogrefe eLibrary: Band 7. Hogrefe.


Wu, Y., Fang, S., Chen, S., Tai, C. & Tsai, P. (2021) Effects of Neurofeedback on Fibromyalgia : A Randomized Controlled Trial. Pain Manag. Nurs. 21, 755-763.